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A Sin City life story Eigenwerk
von HomeOfTheBlues aus der Kategorie Geschichte - Menschen

Die Schöpfung
Der Name ist Wind, Zeit ist Spur, man verbinde beides mit einer Schnur und folge dem Ort, vielleicht bin ich dort... Oh diese Geschichten..tretet ein
Erstellt:    18.09.2006 23:00 1844 Lesungen, 9.5KB

Stories in a Sin City life
Coming home to see my baby

Es war ein langer Weg bis hierher; jahrelang, ich kenne mittlerweile den Mittelstreifen der Straßen besser als ein Gefühl von Zuhause. Mein Körper und der Geist zwischen seinen Säulen wollen im Moment nicht weiterziehen; vielleicht wäre eine Rast im Interesse aller Beteiligten. Ich schere vorsichtig aus der Spur, während andere ihr Heil in der oft zitierten Flucht suchen; was ist dran an dieser Flucht? Ich seufze mit mehr Wehmut als mir lieb ist; irgendwie war ich zu lange unterwegs. Ich kann die Dinge, die um mich herum ihr munteres oder träges Spiel treiben, schon lange nicht mehr beurteilen. Vielleicht weil ich so müde geworden bin. Ich bin ein Stück Knete und der Bengel der Mächte verspottet und formt mich, ohne dass ich verstehe. Am Anfang hab ich nachgefragt, jetzt nicht mehr. Irgendwie, irgendwoher drängt sich mir eine Art todsicherer Gewissheit auf, vor langer Zeit in einer Nacht ohne Mond und Hoffnung die Augen geschlossen zu haben; wenn es so war, was ich keineswegs anzweifle, wundert es mich nur, dass ich bisher so ungeschoren davongekommen bin... keinen Unfall, keine Wunden, keinen Kratzer.
Meine Bedürfnisse holen mich wieder ein, mein Blick streift beiläufig ein Schild mit Hinweis auf die nächste Abfahrt;
ich schnalze anerkennend für diesen Schicksalswink mit der Zunge; sie fühlt sich rau an, aber nicht durstig, eher fremd. Ich biege rechts ab, sehe dieses Motel vor mir. Bilder flattern nervös und zusammenhangslos durch meinen Kopf, meine Erfahrungen mit Deja vu`s beschränken sich eigentlich auf den alten Mann im Spiegel, den ich jeden Tag sehe, aber dieses Motel, sein ganzes Entourage, schien mir irgendwie schon mal da gewesen.
Meine Achseln zuckten wie von selbst, Eigenleben hin oder her, ich schloss mich ihrem Urteilsspruch an und stieg aus dem Auto. Schmutziger Schnee protestierte monoton unter meinen Schuhen, ließ mich aber passieren. Der Wind sang in einer Ecke ein altes Lied, ein fetter Kater durchwühlte den Müll der Hinterhöfe.
Meine Gedanken blieben dort offenbar hängen; Sicht entschleiere dich, wo kam der Typ auf einmal her?
Ach ja...ich stand schon an der Rezeption und der Kerl hatte irgendwas zu mir gesagt, weil mir die Bewegungen seiner spröden Lippen in den Sinn kamen; er roch nach grauem Herzen, Pornoheften und erschlafftem Lebensgeist.
„ Kumpel, wie viel Nächte, bist du taub?“
„ Was hält dich am Leben?“, fragte ich aufreizend langsam.
Ich hatte den Kerl unterschätzt, er war ein flinker Finger, ziemlich fix... möglicherweise Taschendiebdiplom der Großstadtbahnhöfe; das schloss ich jedenfalls aus seiner Schnelligkeit, verborgene Dinge von unten nach oben zu holen; die Erkenntnis machte aber den Kuss vor die Stirn mit der Schrotflinte nicht unbedingt erfreulicher.
„ Will du mich verarschen, du Hurensohn?“
„ Eine.“
„ Was?“
„ Ich sagte eine Nacht.“
„Oh... ach so, alles klar...“
„ Zimmer Februar.... bitte.“
„ Is besetzt.“
„Ich weiß.“
„ Gehörst du zu ihr?“
„ Ja, sie ist meine Gefährtin.“
Er beäugte mich misstrauisch.
„ Willst du einen Extraschlüssel?“
„ Is besser.“
„ Das mir nachher aber keine Beschwerden kommen.“
Er versuchte freundlich zu sein, was ihm nicht sonderlich gut stand; ohne weitere Worte öffnete er ein kleines Schränkchen und warf mir einen Schlüssel entgegen; ein kleines Plastikschild kennzeichnete diesen als Nummer vier.
Das Motel war nicht sonderlich groß, hatte keinen weiteren Anbau oder dergleichen; es gab nur einen Gang, der von der Rezeption aus nach links führte. So fragte ich nicht nach dem Weg, wahrscheinlich hätte mich der Spinner ausgelacht. Ohnehin wusste ich auf einmal wieder bescheid, ich war schon mal hier gewesen. Die Beweggründe blieben mir nach wie vor verschlossen, aber wenigstens die Orientierung kehrte sporadisch zurück.
Ich kam an einem Getränkeautomaten vorbei und lehnte mich für einen Moment mit dem Kopf dagegen; das Summen
der Apparaturen beruhigte mich; in meinen Taschen klimperte ein einsames Centstück gegen eine Büroklammer. Durst ist ein lästiger Dämon. Ich schlurfte weiter, mein Blick selektierte die nichtgesuchten Zimmernummern aus bis er die Nummer vier anzeigte, Zimmer Februar...willkommen zu Hause, dachte ich und etwas mit flüsterndem Federnschlag zupfte an meinen Mundwinkeln. Ja, lächle mal, alter Junge, tut dir gut.
Der Schlüssel fügte sich ohne Murren in das Schloss; zwischen diesen beiden Herzschlägen öffneten sich meine Augen.
Ich atmete schwer, bleiernes Körperempfinden; ich weiß nicht, was oder wer es war...ob die Zeit, die Geister der Straßen oder andere, sie feuerten alle ihre Kugeln in mich rein und sie feuerten erbarmungslos. Durchsiebten meine
Seele und brannten sie nieder zu Ätherasche, flüchtend mit den Winden aus dem Ewigen. Alles ging fort und ließ mich zurück als leere Hülle; doch kam es mir mehr wie ein Akt der Reinigung vor denn eine wahre Exekution vor dem Gericht der Flüsse und Kreuzungen. Die Tür schwang langsam auf. Sie saß auf dem Bett und sah in die Nacht hinaus; nichts in ihrer Haltung ließ erkennen, dass sie mich bemerkt hatte.
„Was sagen sie?“, fragte ich. Keine Antwort. Sie wandte mir den Rücken zu, ihr Atem ging gleichmäßig, aber so entrückt von dieser Welt wie unser gemeinsames Lachen im Gestern.
Ich trat leise ein und legte meine Jacke auf einem Stuhl ab; das Holz der Lehne versicherte mir, dass es existierte. Ich solle doch prüfen wie fest und greifbar es sei, wenn ich seinem Versprechen nicht glaube. Die Dinge um mich herum sprachen dieselbe Sprache; angefangen vom spärlichen Mobiliar, zum Fernseher und dem kleinen Bad. Große Augen – größer als sonst wenn ich vor dem verbrauchten Antlitz der Gesellschaft fliehe- blickten mich erwartungsvoll im Spiegel an. Ich spritzte mir Wasser aus einer verkalkten Leitung ins Gesicht, dennoch war ich noch nicht der vollen Überzeugung, dass ich nicht träumte. Am Rande wurde mir bewusst, dass meine Hand zu zittern begonnen hatte; ich sah Zeichen und wusste nicht, was passierte; ich sah Blitze in mein Blickfeld krachen, meine Augäpfel zuckten und ich tänzelte an einem Grat zu schwarzen Abgründen. Dann hörte es auf, mir stand der Schweiß auf der Stirn und ich hielt mich am Waschbecken fest. Dass meine Nase blutete, ignorierte ich; das, was mir der Spiegel zeigte, konnte ich nicht ignorieren.
Ich sah mein Baby, die einzigartigste Meeresblume von allen; sah Bilder von ihr und mir, wie alles begann, wie wir uns auf den Straßen des Seins kennen lernten, wie wir jeden Monat in das Motel eincheckten, wie ich sie viel zu oft alleine ließ, weil ich zu hören glaubte, dass die Straßen nach mir riefen, wie ich sie viel zu oft alleine ließ, auch wenn ich bei ihr war. Die Bilder versanken in den Tiefen des Glases, die Schuld tauchte daraus auf. Ich habe ein Verbrechen an der Ewigkeit begangen, ob nun willentlich oder nicht, völlig gleich, ich habe die Gegenwart geleugnet und somit auch die Gegenwart einer wundervollen Frau. Ich bin ein reumütiger Sklave der Straßen, bin in Gedanken gereist und bin nie dort angekommen, wo meine Füße eigentlich waren. Ich war immer weg und nie wahrhaftig bei ihr, aber sie ist bei mir geblieben, nicht aber ihr Herz. Vielleicht hab ich es für immer verloren.
Ich schmeckte mein Blut im Mund und sah mich wieder deutlich und bei Sinnen im Spiegel. Ich war nicht allein, ich blieb nicht allein, denn die Tränen kamen. Viel zu lange hab ich sie zurückgehalten, viel zu lange hab ich meine Augen geschlossen; viel zu lange und viel zu inbrünstig hab ich dem Staub der Straßen gehuldigt und jetzt...jetzt ist es vielleicht viel zu spät.
Die Nacht ging ihrer dunklen Wege, wir denken, es sei nur die Dunkelheit und nur die eine Nacht, aber sie hat so viele Wege und Stufen rauf und runter; so viele Möglichkeiten zu fallen und wer kennt schon alle Wächter der Nacht, wer weiß schon, wo man sich besonders vor ihnen in Acht nehmen muss? Ich stand nachdenklich vor dem Bett und folgte dem Blick meines Babys; dort, wo sie jetzt war, schien sie mich nicht wahrzunehmen. Vielleicht war das besser so, vielleicht ging es ihr besser dort. Ich will alles für sie tun, aber da ich auch ihr Glück will, werde ich gehen, wenn sie es so will.
„Wer?“ Ich erschrak zutiefst, sie drehte sich fragend zu mir um. „ Wer?“
„Ich verstehe nicht.“ Meine Wangen waren noch feucht von der Ehrlichkeit zu mir selbst, der ersten dieser Form seit Jahren; ihre Augen begannen sich mit anderen Wahrheiten zu füllen. „Du meintest, was sagen sie...also wer...was sagt wer?“
„Ich...ich meinte die Sterne.“
„ Sie lügen.“
„ Warum?“
Sie ballte die Fäuste, ihre Züge verhärteten sich; durch ihre Wut liefen kleine Bächlein. „ Sie sagten, warte nicht. Sie sagten, er kommt nicht wieder. Aber du bist wieder gekommen. Ich wollte auf mein Herz hören und gehen und auch wieder nicht; ich habe viele kleine Herzen in mir, die das Große festgebunden haben, Pflöcke in den Boden geschlagen, Fesseln angelegt haben, nur damit es nicht geht. Und ich bin mir meiner Sache immer noch nicht sicher.
Hast du...-jetzt schluchzte sie-...hast du was dazu zu sagen?“
In ihren Augen sah ich den dunkelsten Punkt der Nacht, ich brauchte nicht mehr aus dem Fenster zu schauen.









p.s: Vergib mir alles und nichts,
jedoch nichts nimmt die Last deines Gewichts
ich liebe dich, so wird ich aussagen im Zweifelsfalle
und im Auge von Justitia, ihrem höchstem Gericht








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