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Eingeschlafen Eigenwerk
von JuniMond aus der Kategorie Freier Text - Persönliches

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Primärverzeichnis von JuniMond
Erstellt:    31.10.2006 21:01
Geändert: 03.11.2006 22:47
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Eingeschlafen
Da liegst du nun. Ganz normal, auf der Seite, den Kopf leicht in den Nacken gelegt, so wie du immer da liegst, wenn du schläfst. Das Zimmer richt nach dir. Du bist morgens nicht zur Arbeit gefahren, dir war etwas mulmig. Du gingst lieber zum Arzt, der wollte dich nachmittags noch mal sehen, ein Belastungs-EKG machen usw..
Du gingst wieder nach Hause, Frühstücktest noch mal, machtest ein paar Kleinigkeiten im Garten. Und Mittags legtest du dich noch mal hin. Zum Arztbesuch wolltest du geweckt werden. So liegst du nun da.
Zwei Erinnerungen schießen mir durch den Kopf:
1. Deine Hand.
Sonntagmorgens, wenn es in der Küche nach Braten und Rotkohl roch, gingen wir zusammen spazieren, am Friedhof vorbei, durch die Gärten, in den Wald. Dort wuchsen so viele Schlüsselblumen, dass der ganze Boden manchmal sanft-gelb schimmerte. Ich pflückte immer ein paar. Und immer wieder ergriff ich diese Hand: rau, schwielig, aber warm und trocken, auch wenn es kalt und regnerisch war. Diese Hand war enorm, riesig. Und sie konnte fast alles. Und ich konnte mich an ihr halten.
2. Am Tisch
Du sitzt da, hast gerade Kartoffeln geschält. Und mein Sohn turnt an dir herum. Von der Eckbank, halb über den Tisch, auf den Stuhl hinter dir. Du lachst. Jonas wuselt dir durch die Haare. Die gleichen Haare. Ihr habt exakt das gleiche, tiefe Kupferrot. Haarfarben vererben sich oft vom Opa zum Enkel, sagt man. Bei euch trifft es zu. Fast fällt deine Brille vom Kopf, du lachst. Jonas drängelt sich auf den Tisch, fischt eine der geschälten Kartoffeln aus dem Eimer.

Und nun liegst du da. Wie schon Zigtausendmahl gesehen. Nur dein Atmen fehlt, dein Schnarchen. Als Mama dich wecken wollte, noch einen Kaffe trinken wollte, bevor du zum Arzt gehst, berührte sie erst deinen Arm, tippte dich an, schaukelte, und begriff dann: du bist tot.
Urplötzlich und viel zu jung, bist du einfach eingeschlafen, sonst nichts. Keine Leiden, keine Schmerzen, keine Gebrechen, nichts - einfach nur eingeschlafen. Fast rausgeschlichen, rausgestohlen hast du dich aus unserem Leben. Ein Leben, dass dir nicht viel geboten hat, keine Höhepunkte, keine Reichtümer, keinen Ruhm oder Erfolg. Nur eines um das ich dich beneide: Eine Familie, eine Frau die dich liebt und zu dir gestanden hat, in jeder Lebenslage, und drei Kinder, für die du sorgen konntest.
Die einen sagen: Schade, kurz vor der Rente, ihr hättet noch ein paar schöne Jahre zusammen haben können. Die anderen sagen: So möchte ich auch sterben. Ich sage: So möchte ich auch leben.
Und der einzige Trost ist das Wissen, das du weiterlebst, in deinem Sohn, in deinem Enkel,… Wir sehen uns
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