![]() |
![]() |
![]() |
Diese Episode spielt im alten China. ![]() von HLDirk aus der Kategorie Freier Text - Leben |
|
|||||||||
Diese Episode spielt im alten China. Sie ist jedoch so zeitlos, dass sie auch im modernen Deutschland spielen könnte… Ein alter Mönch befand sich auf Wanderschaft. Er war sehr weise, hatte einen langen Bart und einen knorrigen Eichenstock, der ihm half die schwierige Bergregion sicher zu durchqueren. Es hatte viele Tage geregnet, seine Sandalen waren ganz nass, die nackten Füße darin waren schmutzig. Doch nun schien die Sonne. Die Vögel sangen ein fröhliches Lied und ein sanftes Lächeln zierte das Gesicht des Wandermönches. Es war kurz nach Mittag, als er auf dem Bergpfad einem anderen Menschen begegnete. Dieser trug dunkle, abgetragene Kleidung und hatte ein verkniffenes Gesicht. Zwischen seinen Augen sah der Mönch eine tiefgefurchte Zornesfalte, die Stirn zeigte zahllose Sorgenfalten. „Sei gegrüßt, alter Mann“ sagte der fremde Wanderer. Und ohne den Gruß des Mönches abzuwarten fuhr er fort: „Sag mir, wo kommst du her?“ „Aus Xiang-Ping“ antwortete der Mönch freundlich. „Aus Xiang-Ping sagst du?“ brummte der Wanderer „genau da will ich hin! Sag mir: Wie sind die Menschen dort?“ „Das will ich euch gerne sagen, doch sagt mir zuvor: Wie sind denn die Menschen in der Stadt, aus der ihr gerade kommt?“ Der Wanderer überlegte kaum und zischte: „In Po-Wen - Ach hör mir auf: Sie sind selbstsüchtig und gierig. Ein ekelhaftes Volk, darum bin ich ja weg dort!“ Der Mönch machte eine betrübtes Gesicht und sprach: „Es tut mir wirklich leid, guter Mann – Genauso sind die Menschen in Xiang- Ping auch. Ihr werdet dort nichts anderes finden.“ Ohne einen Gruß ging der Wanderer weiter, der Mönch blickte ihm noch eine kurze Weile hinterher. Am nächsten Morgen traf der Mönch einen weiteren Wanderer. Obwohl es schon wieder zu regnen begonnen hatte, pfiff dieser ein lustiges Liedchen. Er trug auf der Schulter einen Stock, an den er ein kleines Bündel befestigt hatte. Um seine Augen herum befanden sich zahlreiche, fein verästelte Lachfältchen, seine Augen waren hell und klar. „Hallo, hallo, ehrwürdiger Mönch. Möge Buddhas Liebe mit euch sein“ rief er schon von weitem. Der Mönch lächelte und erwiderte: „Und mit Dir, mein Freund.“ „Wo kommt ihr her, wenn ich fragen darf?“ wollte der Wanderer wissen. „Ihr dürft.“ kam vom Mönch „Ich komme aus Xiang-Ping.“ „Welch ein Zufall. Genau da möchte ich hin! Bitte sagt mir: Wie sind die Menschen dort?“ „Das will ich Euch gerne sagen, junger Wanderer. Doch sagt mir zuvor, wie Menschen so sind, da, wo ihr herkommt?“ „In Chi-Peh? Klasse Menschen dort. Stets freundlich und hilfsbereit, fröhlich und gutmütig. Es fiel mir sehr schwer diesen Ort zu verlassen.“ Der Mönch lächelte und sprach: „Ich habe gute Kunde für euch. Genau solch einen Menschenschlag werdet ihr in Xiang-Ping ebenfalls finden. Ihr werdet euch dort wie zu Hause fühlen…“ Nun. Was will uns diese Geschichte sagen? Eigentlich kann die Botschaft in einem kurzen Satz zusammengefasst werden: Egal wo Du hingehst, Du nimmst Dich selbst mit! Und das gilt für alle Lebensbereiche: Gleichgültig, wie oft Du Freunde, Partner oder sogar Deine Arbeitsstelle wechselst – Deine ungelösten Themen nimmst Du eigentlich immer mit. Manchmal ist es jedoch in einem veränderten Setting leichter sich seinen persönlichen Herausforderungen zu stellen. Die Kunst ist nun eine gute Gratwanderung zwischen den beiden Abgründen: Links klafft der Abgrund der Verhaftung, also der Neigung zu lange in unfruchtbaren Verbindungen zu bleiben, die nicht mehr lösend, sondern verhärtend sind. Dies geschieht aus der Angst vor dem Neuen und Unbekannten. Rechts klafft der Abgrund der Flatterhaftigkeit, also der Neigung zu früh sich aus Verbindungen zu lösen, die eigentlich noch mehr Potential hätten. Dies geschieht aus der Furcht sich den Themen zu stellen. |