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Diese Episode spielt im alten China. Fremdwerk
von HLDirk aus der Kategorie Freier Text - Leben

Standard-Verzeichnis
Primärverzeichnis von HLDirk
Erstellt:    15.12.2006 19:54
Geändert: 15.12.2006 20:00
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Diese Episode spielt im alten China.

Sie ist jedoch so zeitlos, dass sie auch im modernen Deutschland spielen könnte…

Ein alter Mönch befand sich auf Wanderschaft. Er war sehr weise,
hatte einen langen Bart und einen knorrigen Eichenstock, der ihm
half die schwierige Bergregion sicher zu durchqueren. Es hatte
viele Tage geregnet, seine Sandalen waren ganz nass, die nackten
Füße darin waren schmutzig. Doch nun schien die Sonne. Die Vögel
sangen ein fröhliches Lied und ein sanftes Lächeln zierte das
Gesicht des Wandermönches.
Es war kurz nach Mittag, als er auf dem Bergpfad einem anderen
Menschen begegnete. Dieser trug dunkle, abgetragene Kleidung und
hatte ein verkniffenes Gesicht. Zwischen seinen Augen sah der
Mönch eine tiefgefurchte Zornesfalte, die Stirn zeigte zahllose
Sorgenfalten.


„Sei gegrüßt, alter Mann“ sagte der fremde Wanderer. Und ohne den
Gruß des Mönches abzuwarten fuhr er fort: „Sag mir, wo kommst du
her?“
„Aus Xiang-Ping“ antwortete der Mönch freundlich.

„Aus Xiang-Ping sagst du?“ brummte der Wanderer „genau da will
ich hin! Sag mir: Wie sind die Menschen dort?“
„Das will ich euch gerne sagen, doch sagt mir zuvor: Wie sind
denn die Menschen in der Stadt, aus der ihr gerade kommt?“
Der Wanderer überlegte kaum und zischte: „In Po-Wen - Ach hör mir
auf: Sie sind selbstsüchtig und gierig. Ein ekelhaftes Volk,
darum bin ich ja weg dort!“
Der Mönch machte eine betrübtes Gesicht und sprach: „Es tut mir
wirklich leid, guter Mann – Genauso sind die Menschen in Xiang-
Ping auch. Ihr werdet dort nichts anderes finden.“
Ohne einen Gruß ging der Wanderer weiter, der Mönch blickte ihm
noch eine kurze Weile hinterher.
Am nächsten Morgen traf der Mönch einen weiteren Wanderer. Obwohl
es schon wieder zu regnen begonnen hatte, pfiff dieser ein
lustiges Liedchen. Er trug auf der Schulter einen Stock, an den
er ein kleines Bündel befestigt hatte. Um seine Augen herum
befanden sich zahlreiche, fein verästelte Lachfältchen, seine
Augen waren hell und klar.
„Hallo, hallo, ehrwürdiger Mönch. Möge Buddhas Liebe mit euch
sein“ rief er schon von weitem. Der Mönch lächelte und erwiderte:
„Und mit Dir, mein Freund.“
„Wo kommt ihr her, wenn ich fragen darf?“ wollte der Wanderer
wissen. „Ihr dürft.“ kam vom Mönch „Ich komme aus Xiang-Ping.“
„Welch ein Zufall. Genau da möchte ich hin! Bitte sagt mir: Wie
sind die Menschen dort?“
„Das will ich Euch gerne sagen, junger Wanderer. Doch sagt mir
zuvor, wie Menschen so sind, da, wo ihr herkommt?“
„In Chi-Peh? Klasse Menschen dort. Stets freundlich und
hilfsbereit, fröhlich und gutmütig. Es fiel mir sehr schwer
diesen Ort zu verlassen.“
Der Mönch lächelte und sprach: „Ich habe gute Kunde für euch.
Genau solch einen Menschenschlag werdet ihr in Xiang-Ping
ebenfalls finden. Ihr werdet euch dort wie zu Hause fühlen…“


Nun. Was will uns diese Geschichte sagen? Eigentlich kann die
Botschaft in einem kurzen Satz zusammengefasst werden: Egal wo Du
hingehst, Du nimmst Dich selbst mit!

Und das gilt für alle Lebensbereiche: Gleichgültig, wie oft Du
Freunde, Partner oder sogar Deine Arbeitsstelle wechselst – Deine
ungelösten Themen nimmst Du eigentlich immer mit. Manchmal ist es
jedoch in einem veränderten Setting leichter sich seinen
persönlichen Herausforderungen zu stellen. Die Kunst ist nun eine
gute Gratwanderung zwischen den beiden Abgründen:
Links klafft der Abgrund der Verhaftung, also der Neigung zu
lange in unfruchtbaren Verbindungen zu bleiben, die nicht mehr
lösend, sondern verhärtend sind. Dies geschieht aus der Angst vor
dem Neuen und Unbekannten.
Rechts klafft der Abgrund der Flatterhaftigkeit, also der Neigung
zu früh sich aus Verbindungen zu lösen, die eigentlich noch mehr
Potential hätten. Dies geschieht aus der Furcht sich den Themen
zu stellen.





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