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Nächtebuch 09.12.08 ![]() von Hunting aus der Kategorie Freier Text - Persönliches - Tagebücher |
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Ich interessiere mich für alles Mögliche, aber zu Mathematik hatte ich nie wirklich einen Bezug. Formelkram, zu abstrakt, da hielt ich es mehr mit der Poesie und der Malerei. Obwohl, manchmal stößt man auf Zusammenhänge, bei denen man nie auf die Idee gekommen wäre, dass sie zur Domäne der Mathematiker gehören. Gänseblümchen und die Liebe etwa. Ihr wisst schon, Blütenblätter rupefen, sie liebt mich, sie liebt mich nicht. Eine nette Freizeitbeschäftigung frisch Verliebter, die die Frage, ob ihre Liebe denn erwidert wird, so zu einer Glücksfrage machen wollen, Glück im doppelten Sinn, das Liebesglück, das vom Zufall abhängt. Netter Gedanke. Allerdings spielt der Zufall bei den Blütenblättern in Wahrheit keine Rolle. Bei deren Anordnung hat sich die Natur nämlich gewissermaßen was gedacht. Fortpflanzung und Lebensfähigkeit einer Blume sind nur gesichert, wenn dabei auch die Geometrie zu ihrem Recht kommt, also folgt die Ausbildung der Pflanzenteilen dem Gesetz der Regelmäßigkeit, auch wenn das nicht immer auf den ersten Blick klar ist. Damit kommen wir zu Fibonacci. Das war ein Rechenmeister aus Pisa, lebte im Hochmittelalter. Was der mit dem Liebtmichliebtmichnicht-Spiel zu tun hat? Nun, der Mann hat eines Tages die Fibonacci-Folge entwickelt. In Formelsprache liest sich die so: fn = fn-1 + fn-2, zu deutsch: man bilde eine Folge, bei der sich jede weitere Zahl aus der Summe der beiden Vorgänger ergibt. Fängt man mit 0 ein, bekommt man 0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, 233, 377, ... Und die Gänseblümchen? Ganz einfach, die Zahl der Blütenblätter einer Blume sind immer Fibonacci-Zahlen. Bei Ringelblumen sind's 13, bei Astern 21 und bei Gänseblümchen in aller Regel 34, manchmal auch 55 oder 89. Man braucht also beim nächsten Mal nur zu schauen, ob man ein normales Gänseblümchen hat oder eins mit besonders vielen Blütenblättern. Im ersteren Fall muss man mit "Sie liebt mich nicht" anfangen, da gerade Anzahl, dann ist das letzte Blütenblatt ein "Sie liebt mich" (Wenn man dagegen nicht will, dass die werte Dame bei einem bleibt, soll ja auch vorkommen, bei einer Affäre etwa, die man beenden möchte oder ähnlichem, dann natürlich mit "Sie liebt mich nicht" anfangen), na, und bei den Gänseblümchen mit vielen Blütenblättern eben umgekehrt. Ich hoffe, damit sorge ich bei dem einen oder anderen Leser nicht für eine Desillusionierung, wenn ich derart ganz unromantisch das zufällige Spiel mit dem Glück etwas entzaubere. Aber ich denke, man muss das Ganze ohnehin mit einer guten Prise Ironie nehmen und ich wäre auch der Letzte, der der Liebe mit Berechnung in jedem Sinne des Wortes begegnen wollte. Da ist die Liebe selbst dann doch immer noch raffinierter als es der berechnendste Mensch je sein könnte und fällt dort hin, wo man sie manchmal am wenigsten erwartet. In diesem Sinne, lasst euch überraschen. Vom Leben, von der Zukunft, von der Liebe. |